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Zankl.update im Dezember 2023
- Postmortales Persönlichkeitsrecht: Grab darf nicht verlegt werden
- Fünf Tage die Woche abwesend, kein Grund für Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG
- Keine Pistensicherungspflicht bei Kunstschnee
- Keine Produkthaftung bei Bruch einer Hüftprothese
- Vorabentscheidung des EUGH zum Kommunikationsplattformen-Gesetz
Darüber hinaus wird auf die neue VerbraucherkreditRL der EU hingewiesen.
Postmortales Persönlichkeitsrecht: Grab darf nicht verlegt werden
Daraus folgerte der OGH im gegenständlichen Fall, dass die eigenmächtige Verlegung des Grabes einen Eingriff in das postmortale Persönlichkeitsrecht (Totenfürsorge) bewirkte. Der Verstorbene entscheide über Veränderungen am Grab durch sein über den Tod hinaus fortwirkendes Persönlichkeitsrecht nämlich selbst. Es ist dessen ausdrücklicher oder hypothetischer Wille maßgeblich. Soweit kein erkennbarer Wille des Verstorbenen bezüglich seiner Grabstätte vorliegt, treten die nächsten Angehörigen in das Recht und die Pflicht, über den Leichnam zu bestimmen, ein. Auf die jeweilige Erbenstellung kommt es nicht an, vielmehr ist das “wirklich bestandene Näheverhältnis” ausschlaggebend. Über die Art der Ausübung der Totenfürsorge und über Veränderungen an Grab und Grabstein können nur alle nächsten Angehörigen der im Familiengrab beigesetzten Personen gemeinsam entscheiden. Wer nach der Friedhofsordnung für die Grabstelle nutzungsberechtigt ist, ist dabei nicht relevant. Folglich bewirkte die gegenständliche eigenmächtige Verlegung des Familiengrabes eine Verletzung des nach dem Tod fortwirkenden Persönlichkeitsrechts, zu deren Geltendmachung die Klägerin als nächste Angehörige berechtigt ist (9 Ob 38/23p).
Fünf Tage die Woche abwesend, kein Grund für Kündigung nach § 30 Abs 2 Z 6 MRG
Der Oberste Gerichtshof teilte diese Ansicht und führte grundsätzlich aus, dass die regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken iSd § 30 Abs 2 Z 4 1. Fall MRG voraussetzt, dass die Wohnung vom Gekündigten wenigstens während eines beträchtlichen Zeitraumes im Jahr bzw einige Tage in der Woche zumindest in mancher Beziehung als wirtschaftlicher oder familiärer Mittelpunkt benützt wird. Bei der Lebensführung von (älteren) Alleinstehenden ist hierbei kein allzu strenger Maßstab anzulegen. Die Beurteilung der Frage, ob von einer regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken gesprochen werden kann, hängt von den Umständen des konkreten Einzelfalls ab. Der OGH räumte zwar im gegenständlichen Fall ein, dass die wöchentliche Nutzung der Wohnung am unteren Limit des geforderten Mindestmaßes liege, den Feststellungen der Vorinstanzen aber immer noch eine ausreichende Nahebeziehung des Beklagten zur aufgekündigten Wohnung zu entnehmen sei. Der Pensionist ist keineswegs bei seiner Freundin eingezogen, sondern pendelt regelmäßig zurück in seine Wohnung. Dort hat er auch noch weitestgehend seinen Hausstand, nämlich Kleidung, Dokumente etc. Er versorgt sich in der Wohnung selbst, in dem er kocht und Wäsche wäscht. Die Verwendung der Wohnung gehe somit jedenfalls über die Qualität eines Absteigquartiers hinaus. Zumindest in mancher Beziehung stelle die aufgekündigte Wohnung auch einen Mittelpunkt der Lebensgestaltung des Beklagten dar (4 Ob 166/23z).
Pistensicherungspflicht bei Kunstschnee
Der Oberste Gerichtshof schloss sich der Beurteilung der Vorinstanzen an. Nach stRsp ist für die Art und den Umfang der Pistensicherungspflicht das Verhältnis zwischen der Größe und der Wahrscheinlichkeit der atypischen Gefahr sowie ihrer Abwendbarkeit einerseits durch das Gesamtverhalten eines verantwortungsbewussten Benützers der Piste und andererseits durch den Pistenhalter mit nach der Verkehrsauffassung adäquaten Mitteln maßgebend. Dabei ist eine Berücksichtigung der den Pistenbenützern obliegenden Verpflichtung zu einer kontrollierten Fahrweise geboten. Der Skifahrer nimmt Hindernisse und Gefahren, die sich aus dem Wesen der Skiabfahrt ergeben, in Kauf und muss sie selbst bewältigen. Die den Pistenhalter treffende Pflicht zur Sicherung der Piste bedeutet nicht die Verpflichtung, den Skifahrer vor jeder möglichen Gefahr zu schützen, da eine vollkommene Verkehrssicherung weder auf Skipisten noch sonst irgendwo zu erreichen ist. Nach stRsp sind nur atypische Gefahren zu sichern. Das sind solche Hindernisse, die der Skifahrer nicht ohne Weiters erkennen kann, und solche, die er trotz Erkennbarkeit nur schwer vermeiden kann. Der OGH qualifizierte jedoch das Vorhandensein von Kunstschnee auf einer Skipiste nicht als atypische und damit abzusichernde Gefahr. Auf die Fragen der einzuhaltenden angemessenen Geschwindigkeit und der Erkennbarkeit der unteren Schneeschicht kommt es daher nicht an (7 Ob 80/23z).
Keine Produkthaftung bei Bruch einer Hüftprothese
Das Berufungsgericht und der Oberste Gerichtshof sahen das anders. Grundsätzlich setzt die Haftung nach dem Produkthaftungsgesetz (PHG) einen Produktfehler voraus. Ein Produkt ist gemäß § 5 PHG fehlerhaft, wenn es nicht die Sicherheit bietet, die man unter Berücksichtigung aller Umstände zu erwarten berechtigt ist. Die Haftung kann jedoch durch den Nachweis ausgeschlossen werden, dass die Eigenschaften des Produkts nach dem Stand der Wissenschaft und Technik zu dem Zeitpunkt, zu dem es der in Anspruch Genommene in den Verkehr gebracht hat, nicht als Fehler erkannt werden konnte (§ 8 Z 2 PHG). Damit wird die Haftung für typische Entwicklungsrisiken ausgeschlossen, deren Kernelement darin liegt, dass die Gefährlichkeit einer bestimmten Produkteigenschaft beim Inverkehrbringen nicht erkennbar war. Der Bruch des Prothesenschafts nach wenigen Jahren, welcher die zu erwartende Haltbarkeit eines Implantats unterschreitet, begründet das Vorliegen eines Produktfehlers. Dadurch kann der Haftungsausschluss der mangelnden Erkennbarkeit dieses Produktfehlers nach § 8 Z 2 PHG zum Tragen kommen. Im gegenständlichen Fall war zum Zeitpunkt des Inverkehrbringens der konkreten Hüftprothese eine erhöhte Komplikationsrate durch aufgetretene Prothesenbrüche in der Fachwelt noch nicht bekannt. Das Produkt habe dem damaligen Kenntnisstand der Wissenschaft und Technik entsprochen, sodass die Voraussetzungen des § 8 Z 2 PHG ausreichend erfüllt sind. Folglich wurde eine Haftung des Beklagten ausgeschlossen (9 Ob 54/23s).
Vorabentscheidung des EUGH zum Kommunikationsplattformen-Gesetz
Der EuGH weist in der gegenständlichen Vorabentscheidung darauf hin, dass das Ziel der einschlägigen Richtlinie die Schaffung eines rechtlichen Rahmens ist, welcher den freien Verkehr von Diensten der Informationsgesellschaft zwischen den Mitgliedstaaten sichern soll. Die Aufsicht der Anbieter obliegt den Herkunftsmitgliedsstaaten. Andere Mitgliedstaaten können zwar unter eng gefassten Bedingungen auch Maßnahmen ergreifen, dies ist jedoch der Europäischen Kommission und dem Herkunftsmitgliedstaat des Online-Anbieters mitzuteilen. Keinesfalls dürfen jedoch andere Mitgliedstaaten als der Herkunftsmitgliedstaat des betreffenden Dienstes generellabstrakten Maßnahmen ergreifen, die unterschiedslos für alle Anbieter einer Kategorie von Diensten der Informationsgesellschaft gelten. Unterschiedslos bedeutet ohne Unterschied zwischen in diesem Mitgliedstaat ansässigen Diensteanbietern und solchen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind. Gäbe es nämlich diese Möglichkeit, würde das dem Grundsatz der Aufsicht im Herkunftsmitgliedstaat widersprechen. Die nationale Entscheidung des VwGH ist jedoch noch abzuwarten. Abschließend ist anzumerken, dass künftig ohnehin die Vorgaben des Digital Services Act (DSA) maßgeblich sind, welcher die Aktivitäten von Anbietern digitaler Dienste innerhalb der EU regelt (C-376/22).
Neue Richtlinie über Verbraucherkreditverträge (EU) 2023/2225
ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Zankl
ist Universitätsprofessor am Institut für Zivilrecht der Universität Wien (www.zankl.at), Gründer und Direktor des weltweiten Netzwerks für IT-Recht (www.e-center.eu), Entwickler und Leiter der ersten juristischen Crowd-Intelligence-Plattform (www.checkmycase.com) und Foundation Member der Computer Ethics Society Hong Kong.
© Privat
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